Die Grünen
Heute Abend bin ich den Grünen (genaugenommen der Partei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) beigetreten, und es ist nicht meine erste Parteimitgliedschaft. Meine erste Parteimitgliedschaft war in der SED, der Sozialistischern Einheitspartei Deutschlands, der Beitritt hat 1988 oder 1989 stattgefunden, also kurz vor Toresschluss der DDR. Ich war jedenfalls 18, Schüler an der Erweiterten Oberschule und hatte die Hoffnung, als Mitglied dieser Partei, gewissermaßen von innen, in der DDR etwas zum Guten bewegen zu können. Es war gar nicht so einfach, in diese Partei reinzukommen, es gab Quoten für Leute aus der Arbeiterklasse. Ich komme aber nicht aus der Arbeiterklasse, meine Eltern sind Künstler:innen, meine Großeltern zur Hälfte auch. Auf der anderen Seite hätte ich mit einem Schlosser und einer Näherin aufwarten könnnen, aber soviel Ahnenforschung hat die Partei nicht betrieben, und das war ja vielleicht auch ganz gut so.
Einen Bewerber, der, nach seinen Gründen gefragt, in die SED einzutreten, formulierte, da wäre er ja an der Quelle interessanter Informationen und gewissermaßen auch an der Quelle der Macht, haben sie damals nicht genommen; an unserer Schule war man in solchen Fragen nicht ganz so scharf auf Karrieristen (m) wie anderswo, was ich im Nachhinein immer noch schätze.
Jedenfalls ist die SED untergegangen, ihre Nachfolgeorganisationen haben mich nicht interessiert, und ich habe zwischenzeitlich taktisch gewählt, wie ich es eben mit meinem Gewissen vereinbaren konnte.
Das war also, weil Transparenz eines der Gebote der Stunde ist, meine bisherige Parteikarriere.
Nun ja, und jetzt sind wir an einem Punkt, an dem ich es kaum noch ertrage, Nachrichten zu konsumieren, geschweige denn, irgendwelche Talkshows anzugucken, und an dem ich das Gefühl habe, man müsste von innen, als Bürgerin und Bürger, etwas verändern oder wenigstens - aufhalten. Die Situation von heute in Deutschland ist nicht die gleiche wie die Situation 1988 in der DDR. Damals brauchten wir eine Revolution, und wir haben sie gemacht; ich war dabei, in einer sehr kleinen, untergeordneten Rolle beim Militär.
Heute ist nicht mehr selbstverständlich, dass die “liberalen Demokratien des Westens” stabil genug sind, autokratischen Regimes von Russland (steht fest) bis USA (wahrscheinlich) entgegenzutreten; gerade die Entwicklung in den USA zeigt, dass Demokratie als Gesellschaftsform eben gerade keine Selbstverständlichkeit ist.
Also was kann man machen? Ich höre überall “engagiert euch, zeigt zivilgesellschaftliches Engagement, vernetzt euch, bündelt die demokratischen Kräfte”, und naja, gucken wir mal, was der GRÜNEN-Verband Hamburg-Harburg so kann. Vielleicht kann er dazu beitragen, dass in Harburg, Hamburg und bundesweit ein paar Leute weniger finden, Nazis zu wählen wäre die Lösung für irgendwas, und wenn ich dafür als Zweiter Stellvertretender Reserve-Obmann für IT mal einen Windows-PC neu aufsetzen muss, dann in Gottes Namen.
Im Übrigen ist bürgerschaftliches Engagement aus meiner Sicht in jeder demokratischen Partei zu begrüßen, ich bin bei den Grünen deshalb, weil deren Programm und auch die Art und Weise, wie ihre Protagonist:innen in den vergangenen Jahren in der Bundespolitik aufgetreten sind, am wenigsten von dem abweicht, was ich mir idealerweise unter Politik vorstelle. Der Witz an der Demokratie ist ja gerade die Vielfalt der politischen Meinungen und Programme. Man muss nur sehr sauber damit sein, nix mit Nazis zu machen. Dass das Konsens bleibt, ist sozusagen das Minimalziel meines Engagements. Wäre gut, wenn wir das schaffen könnten.